Ein offizielles Wörterbuch des afroamerikanischen Englisch

Ein flüssige Sache wie eine Sprache kann mit einem Organismus verbunden werden, und die sprachliche Gemeinschaft, in der sie verwendet wird, mit einem Ökosystem. Demnach macht es immer Sinn, sich mit der Evolution einer Sprache zu befassen, sowie mit der Kultur, die die heutige Form geprägt hat und weiterhin prägen wird.

Dank der Zuschüsse der Mellon and Wagner Foundations führen das Oxford English Dictionary (OED) und das Hutchins Center for African and African American Research der Harvard University gerade ein Projekt zur Kompilation des ersten umfangreichen Wörterbuchs des afroamerikanischen Englisch, das Oxford Dictionary of African American English (ODAAE), durch.

Das Projekt, welches drei Jahre Forschung umfassen wird, bringt die lexikografischen Ressourcen des OED und das Netzwerk an Gelehrten des Hutchins Center zusammen und soll im Jahr 2025 veröffentlich werden. Es wird auf Beispielen der afroamerikanischen Sprache und Schrift basiert sein und die Geschichte des AAE widerspiegeln.

Laut dem Präsident von Oxford Languages bei der Oxford University Press, Casper Grathwohl, „hat afroamerikanisches Englisch tiefgreifende Auswirkungen auf die am häufigsten gesprochene Sprache gehabt, während ein Großteil davon nicht anerkannt wird.  Das ODAAE versucht, diesen Beitrag vollständiger und formell anzuerkennen und dabei ein genaueres Bild zu verschaffen, wie das afroamerikanische Leben beeinflusst hat, wie wir sprechen, und daher wer wir sind.“

Jeder Eintrag, was Bedeutung, Aussprache, Rechtschreibung, Nutzung und Geschichte betrifft, wird auch durch Zitate der natürlichen Sprache begleitet. Dies wird helfen, die Beiträge der afroamerikanischen Schriftsteller, Denker und Künstler bei der Evolution des englischen Wortschatzes in den Vordergrund zu rücken.

„Jeder Sprecher des amerikanischen Englisch borgt sich jede Menge Wörter, die von Afroamerikanern erfunden wurden, egal, ob wissentlich oder unwissentlich,“ sagte Henry Louis Gates Jr., Chefredakteur des ODAAE und Direktor des Hutchins Center.

„Wörter mit afrikanischer Herkunft, wie „goober“, „gumbo“ und „okra“ haben den mittleren Durchgang mit unseren afrikanischen Vorfahren überlebt. Und Wörter, die wir heutzutage für selbstverständlich halten, wie „cool“ und „crib“, „hokum“ und „diss“, „hip“ und „hep“, „bad“ mit der Bedeutung „gut“, und „dig“ mit der Bedeutung „zu verstehen“ sind nur ein geringer Anteil der Wörter, die… von der schwarzen Bevölkerung in diesem Land stammen, in den letzten wenigen hundert Jahren.“

Natürlich wird das ODAAE mehr sein als nur ein Katalog mit einem Haufen Wörter, die von Afroamerikanern beliebt gemacht wurden. Die Sprachforscherin Sonja Lanehart von der University of Arizona hebt hervor, dass „die Wortherkunft eines Wortes und die Geschichte eines Wortes äußerst wichtig ist… um zu verstehen, wie sich eine Sprache entwickelt oder entfaltet hat und wer daran beteiligt war.“

„Es hat viel Überwindung gekostet, zu diesem Punkt zu gelangen, um nachzuweisen, dass schwarze Menschen und die schwarze Sprache nicht grotesk, exotisch oder mangelhaft ist“, fährt sie fort. „Sie haben eine Sprachvariante, die anders ist und so wie jede andere Sprachvariante anerkannt werden muss.“

Durch den Aufbau auf dieser Idee hat Adam Bradley, ein Mitglied des Beirats des ODAAE und Professor für Englisch- und afroamerikanische Studien bei der UCLA mit dem Day 6 des CBC Radio gesprochen und hervorgehoben, wie „Wörterbücher, wenn wir darüber nachdenken, Sprache kodifizieren“. Sie schaffen eine „historische Aufzeichnung“ einer lebenden, funktionierenden Sprache. Und diese Flüssigkeit der Sprache nimmt in der heutigen Welt nur noch weiter zu, da es soziale Medien zulassen, dass neue Ideen und Konzepte mit Lichtgeschwindigkeit von einer Ecke der Welt zu allen anderen verbreitet werden.

Englisch „verändert sich mit jedem Song, jedem Tweet, jedem Gespräch, das zwischen schwarzen Amerikanern und der breiteren Kultur stattfindet“. So werden Sprachen zu dem, was sie sind. Jede aktuell verwendete Sprache wurde auf ähnliche Weise durch Kulturen und Unterkulturen geformt, die damit leben und zu ihr beitragen.

Aber anstatt nur eine informative historische Aufzeichnung eines besonderen Winkels der englischen Sprache zu sein, wird das ODAAE als nützliches Werkzeug für Gelehrte und Forscher sowie für Übersetzer und diejenigen sein, die sich mit der Lokalisierung befassen.

Dieses neue Wörterbuch ist auf jeden Fall etwas unglaublich Besonderes. Es erzählt die Geschichte eines Volkes, das an der Gestaltung dieses Landes beteiligt ist. Nicht nur die Sprache. Diese Menschen und ihre Geschichten stehen natürlich im Mittelpunkt des Projektes und sie gehört ihnen auf eine ganz besondere Weise. Von Vergangenheit bis Zukunft.